FDP Fraktion stimmt trotz großer Bedenken dem Haushaltsplan zu

Sehr geehrte Damen und Herren, 

nun ist es also passiert. Nachdem wir schon jahrelang in die Ausgleichsrücklage gegriffen haben und diese aufgezehrt ist, haben wir nun auch die Hürde gerissen und müssen 5,2 % aus der allgemeinen Rücklage entnehmen. Das bedeutet, wir sind kurz davor im nächsten Jahr vielleicht schon in der Haushaltssicherung zu landen. Und dann ist Schluss mit „lustig“. Damit geben wir als Gemeindevertretung unser wichtigstes Instrument, nämlich die Haushaltssetzung, aus der Hand. Wir sind der Verwaltung dankbar, dass sie hier keine Manipulationen vorgenommen hat, um unter der 5 % Marke zu bleiben. Es wäre ja ein Leichtes gewesen, von dem Instruments des globalen Minderaufwands Gebrauch zu machen, dann hätten wir die Hürde eben nicht gerissen. Das hat sie nicht getan. Damit setzt sie uns einen deutlichen Warnschuss vor den Bug. 
Ich rede hier von unserem dringenden Problem, den Ergebnishaushalt zum Ausgleich zu bringen. Damit tun wir uns schon seit Jahren schwer und ich sehe in diesem Bereich auch keine positive Entwicklung in der Zukunft, wenn alles so bleibt, wie es ist.  

Besser sieht die Lage im Finanzhaushalt aus. Allgemein wird in diesen Tagen darüber diskutiert, dass wir die Chance nutzen sollten in der Phase des Niedrigzinses die nötigen Investitionen zu machen, auch wenn damit ein höherer Schuldenstand aufgebaut wird. In diesem Jahr sind es rund 3,4 Millionen €, um die wir uns höher verschulden. Das wäre in der Zeit der hohen Zinsen eine gefährliche Entwicklung gewesen. Wir leben aber in einer Zeit des Niedrigzinses und die Fachleute sagen, dass diese Situation auch anhalten wird. Deswegen wäre es fahrlässig in dieser Zeit nicht die notwendigen Investitionen vorzunehmen. Die Verwaltung hat mit „Rotdruck“ im Vorbericht darauf hingewiesen, dass die Gemeindevertretung bei jeder Investitionsentscheidung prüfen sollte, ob die Investition zwingend notwendig ist. Aber wenn die Investition geeignet ist, Selfkant attraktiver zu machen und den Bürgern etwas bietet, dann ist die Investition nur dann gefährlich, wenn die Folgekosten, die sich ja im Ergebnishaushalt niederschlagen, hoch sind. Deswegen vermissen wir in diesem Haushalt, wie auch schon in den Vorjahren eine Folgekostenabschätzung für alle größeren Investitionen. Diese Abschätzung ließe sich ohne Probleme in den Erläuterungen der Teilfinanzpläne B nach Produktplänen unterbringen. Dann hätten wir endlich eine sachliche Grundlage für unsere Investitionsentscheidungen.

Aber wenden wir uns lieber dem Sorgenkind „Ergebnishaushalt“ zu. Hier muss etwas Entscheidendes geschehen. Entweder müssen die Erträge steigen oder der Aufwand muss sinken. Wer den Vorbericht zum Haushalt aufmerksam liest, stellt fest, dass die Verwaltung versucht, die Schuld bei anderen zu platzieren. Beim Kreis, beim Land, beim Bund. Damit hat die Verwaltung einerseits Recht. Anderseits lässt sie bestimmte Fakten auch unkommentiert. Nehmen wir zum Beispiel die allgemeine Kreisumlage. Hier weist die Verwaltung auf die Steigerung der Kreisumlage hin, lässt aber außer Acht, dass die Kreisumlage von 35,712 % auf 34,679 % sinkt. Die Erhöhung für Selfkant in Höhe von 162 Tsd. € ergibt aus der Erhöhung der Umlagegrundlagen, d.h. aus der Erhöhung der Erträge um 675 Tsd. €. Das positive Saldo in Selfkant beträgt also 513 Tsd. €.
Sicherlich ist der Hinweis auf die nicht auskömmliche Erstattung der Kosten für Asylbewerber berechtigt. Das Land und der Bund entziehen sich hier ihrer Verpflichtung die Kosten für die Gemeinde zu erstatten. Anderseits muss auch darauf hingewiesen werden, dass die Schlüsselzuweisungen vom Land um 500 Tsd. € steigen. 

Wenn wir uns die Kennzahlen des Haushaltes ansehen, dann ergeben sich klare Hinweise darauf, woran es in Selfkant krankt. Der Grad der Deckung des Aufwands durch Erträge hat sich seit 2018 von 98,9 % auf 89,5% in 2020 verschlechtert. Gleichzeitig hat sich die Zuwendungsquote, also der Anteil der Fremdfinanzierung durch Zuwendungen von 29,1 % auf 35,1 % erhöht. Gleichzeitig sinkt die Nettosteuerquote also der Anteil der gemeindlichen Steuern an den gesamten Erträgen von 39,7 % auf 38,5 %. Aus diesen Vergleichen wird deutlich, dass Selfkant sich immer mehr von Dritten finanzieren lässt, wobei ihr eigener Anteil an der Finanzierung zurückgeht. 
Der Hinweis der Verwaltung im Vorbericht auf die Verbindung zwischen den Steuereinnahmen der Gemeinde und dem kommunalen Finanzausgleich: „Grundsatz: Auf ein Mehr an eigenen Erträgen folgt ein Weniger aus dem landesseitigen Finanzausgleich.“ Ist schlichtweg falsch und führt zu Fehlentscheidungen. Solange der Hebesatz der Gemeinde über den Durchschnittshebesatz liegt verliert die Gemeinde ihren Steuerzuwachs nicht. Hier zeigt sich die Unbeweglichkeit der Verwaltung, die wir hier kritisieren.  

Wenn wir uns dem Aufwand zuwenden, wird deutlich in welchem Maße zum Beispiel die Personalkosten am Gesamtaufwand beteiligt sind. 2018 noch 18,1 % in 2020 aber schon 20,5 %. In 2015 waren es dagegen noch 16,2 %. Hier zeigt sich ein Hebel, an dem wir ansetzen können. Beim Aufwand für Transferleistungen sind uns durch Landes- und Bundesrecht zumeist die Hände gebunden. Auch sie tragen beträchtlich zu unserer Finanzlage bei. 

Wenn es um die Haushaltskonsolidierung geht, darf man es sich nicht so einfach machen, wie der Bürgermeister und der Kämmerer im Vorbericht zum Haushalt schreiben: „Die Haushaltskonsolidierung ist nach derzeitiger Einschätzung nur mittel- bis langfristig möglich, wenn sich die finanzielle Ausstattung der Gemeinde Selfkant in Form der Schlüsselzuweisungen erheblich verbessert bzw. sich Umlagebelastungen verringern und eine deutliche Reduzierung der freiwilligen Investitionstätigkeit … erreicht werden kann.“ Dieser Einschätzung stimmen wir nicht zu. Wir müssen Schritt für Schritt unsere Erträge besonders aus Gebühren und Steuern erhöhen und den Aufwand in Personalbereich reduzieren. Wir hoffen, dass die Zusammensetzung der neuen Gemeindevertretung in Selfkant nach der Kommunalwahl 2020 es zulässt, dass wir mit einer nachhaltigen Konsolidierung beginnen können. 

Wir werden diesem Haushalt trotz großer Bedenken zustimmen in der Hoffnung, dass die Kommunalwahl die Zusammensetzung dieser Gemeindevertretung so ändert, dass wir mit der Konsolidierung des Haushaltes in 2021 beginnen können.