Haushaltsrede FDP Fraktion 2023
Die Haushaltsrede zum Haushalt 2022 habe ich mit den Worten geschlossen: „Wir werden diesem Haushalt zustimmen. Für die folgenden Jahren verlangen wir von der Verwaltung ein Konzept zur nachhaltigen Finanzierung der Gemeinde.“
Dass in diesem Jahr die Schlüsselzuweisungen des Landes trotz gestiegener Schlüsselmasse geringer ausfallen, kann auch dem Land nicht angelastet werden, da der Grund für den Rückgang die überproportional gestiegene Steuerkraft der Gemeinde ist. Das können wir an einigen Stellen, wie z.B. bei den Leistungen für Asylbewerber nachvollziehen, allerdings trifft dieses Problem nicht nur Selfkant sondern alle Gemeinden in NRW und kann daher nicht für unsere besondere Haushaltslage verantwortlich gemacht werden.
Wenden wir uns den Zahlen im Gesamtergebnis zu. Wir planen einen Jahresfehlbetrag von mehr als 2,1 Mio. €. Dieser muss vollständig durch die Entnahme aus der Allgemeinen Rücklage gedeckt werden, nachdem wir in den Jahren davor die Ausgleichrücklage schon verzehrt haben. Damit ist auch der sogenannte fiktive Haushaltsausgleich nicht mehr möglich. Und wir entnehmen 5,33 % aus der Allgemeinen Rücklage. Damit überspringen wir die 5 % Hürde für die Entnahmen aus der Allgemeinen Rücklage. Im Folgejahr liegt die Planung mit 4,98 % nur 0,02 % unter dieser Hürde, so dass anzunehmen ist, dass bei nur geringfügiger Verschlechterung des Ergebnisses die Hürde zum zweiten Mal gerissen wird. Das erscheint so gut wie sicher, da die mittelfristige Finanzplanung bei den Personalkosten nur eine Steigerung von 1 % vorsieht.
Und dann sind wir im Haushaltssicherungskonzept. Und wenn das eintritt, wird die Verwaltung endlich gezwungen sein, ein Konzept zu entwickeln, wie man die Gemeinde nachhaltig finanzieren kann. Sicherlich käme es auch dann zu Gebühren- und Steuererhöhungen, aber eben auch zum Wegschnitt vieler Ausgaben des Ergebnishaushaltes und zu einem verlässlichen Haushalt.
In der Risikobetrachtung im Vorbericht schreiben Bürgermeister und Kämmerer, dass allen Beteiligten bewusst sein muss, dass der benötigte Betrag zu Konsolidierung des Haushaltes nicht allein durch Einsparungen erreicht werden kann. Nicht allein ja, aber in Teilen doch. Und wo sind hier ihre Vorschläge? Sie fordern, dass den Bürgerinnen und Bürgern ein verantwortungsvolles Handeln mit den Ressourcen transparent gemacht werden muss und wo Einsparungen und sogar Verzicht möglich erscheinen. Aber das tun sie seit Jahren nicht.
Der jetzt vorliegende Haushalt zeigt uns deutlich, dass auch in den Folgejahren mit keiner Besserung der Finanzlage zu rechnen ist. Wenn wir allerdings auch den Finanzhaushalt in die Betrachtung einbeziehen, stellen wir fest, dass auch die Liquidität und die Schuldenfreiheit der letzten Jahre schwindet. Allein in diesem Jahr sollen wir für Investitionen 3,6 Mio. € an Krediten aufnehmen. Wir sollen die Verwaltung darüber hinaus ermächtigen in den nächsten Jahren für 8,3 Mio. € Aufträge für Investitionen zu erteilen. Wir sollen mit diesem Haushalt Liquiditätskredite in Höhe von 5 Mio. € genehmigen. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Schuldensituation in den nächsten Jahren. Das alles zusammen bedeutet, dass sich unser Schuldenstand seit 2021 von 8.600 € bis 2026 auf 9.371.600 € erhöht und das alles ohne Gute Schule 2020. Das bedeutet wir verschulden jeden Einwohner mit pro Kopf mit knapp 1000 €. Und aus unserer Sicht wird sich dieser Trend so fortsetzen.
Nun sind Schulden per se ja noch kein Drama, wenn sie für die richtigen Investitionen ausgegeben werden. Aber die Investitionen müssen sich selbst refinanzieren also rentierlich sein, d.h. sie dürfen den Ergebnishaushalt durch Folgekosten nicht zusätzlich belasten. Das ist in Selfkant aber offensichtlich nicht üblich, obwohl die Verwaltung im Vorbericht selbst darauf hinweist.
Die frühere Politik der vorsichtigen Kreditaufnahme bedeutete, dass die Zinsen eine nahezu zu vernachlässigende Größe annahmen. Hinzu kam, dass in der Niedrigzinsphase die Belastungen in Rahmen blieben. Das hat sich jetzt geändert. Wir haben eine hohe Inflation und verbunden mit der Änderung der Zinspolitik der Banken eine höhere Zinsbelastung zu erwarten. Das wird sich in den Folgejahren ändern und den Ergebnishaushalt zusätzlich belasten.
Ich fasse zusammen: Die Rohzahlen des Haushaltes für 2023 ergeben ein schreckliches Bild. Es gibt kein Konzept zur nachhaltigen Haushaltsplanung und kein Konzept mit dem mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze und -beschäftigte in Selfkant geschaffen werden, um unseren Anteil an der Einkommensteuer zu erhöhen. Es gibt keine Folgekostenberechnungen für Investitionen und keine operativen Kennzahlen in den Teilergebnisplänen. Das haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert.
Während der Kämmerer im Spätherbst mit den Zahlen des neuen Haushaltsentwurfs 2023 beschäftigt ist, ist dieser bei seinem Erscheinen schon Makulatur, also Schnee von gestern. Es kann doch nicht sein, dass im Überblick über die 4 Jahre im Voraus geplanten Jahresergebnisse die beiden positiven Ergebnisse von 2021 mit 2 Millionen Überschuss und 2022 mit jeweils voraussichtlich 1 Million in dieser Planung keine Berücksichtigung findet, dann würde schon unsere Bilanz eine andere sein. Der Kämmerer braucht dann auch nicht in 2024 eine Grundsteuer B Erhöhung auf 750% vorzunehmen um unter 5% Hürde zu bleiben und somit dem HSK auszuweichen. Und wenn ich das geplante Ergebnis 2022 von 2.2 Millionen EUR Defizit mit dem zu erwartenden Ergebnis von 1 Million EUR Überschuss vergleiche, dann sind das 3 Millionen EUR Unterschied. Das ist doch nicht normal.
Verwaltung und Kämmerer können nichts dafür, sie müssen mit diesen Kriterien und Vorgaben arbeiten wie sie der Gesetzgeber vorsieht, um den Haushalt aufzustellen. Aber es geht auch anders, zum Beispiel in der Landwirtschaft. Ein Wirtschaftsjahr beginnt in der Landwirtschaft am 1.7. eines Jahres und endet am 30.6. des darauffolgenden Jahres. So hat man 2 Kalenderjahre zum Vergleich, es hat aber noch weitere gute Gründe an diesem System festzuhalten, die ich hier aber nicht weiter ausführen möchte.
Nochmal zusammengefasst, dem Haushaltsentwurf 2023 in seiner jetzigen Form dürften wir eigentlich so nicht zustimmen, aber es liegen uns andere Zahlen vor, die ein positives Ergebnis erwarten. Somit wird die FDP diesem Haushalt zustimmen.
Wir bedanken uns bei der Verwaltung und besonders beim Kämmerer Stefan Wever für die geleistete Arbeit. Vielen Dank.