Haushaltsrede unseres Vorsitzenden Karl Busch am 4. Februar 2021
Sehr geehrte Damen und Herren,
wenn ich in diesem Jahr den uns vorgelegten Haushalt für das Jahr 2021 beurteilen und be-werten soll, fällt mir das ungeheuer schwer. Seit Anfang 2020 hält uns das Corona Virus in Atem und greift in unseren Alltag ein. Und es ist schwer abzuschätzen, wann die Wirtschaft wieder so läuft, wie wir es kennen. Wann Schulen und Kindertagesstätten wieder regelmäßig betrieben werden, wann Gaststätten und Hotels wieder öffnen und wann können die Selbständigen und Freiberufler ihre regelmäßige Arbeit wieder aufnehmen. Eines scheint heute schon sicher, es wird nicht wieder so werden, wie es früher war.
Dass ein Großteil unseres gesellschaftlichen Lebens darniederliegt, hat massive Auswirkun-gen auf die Erträge und die Aufwendungen und auf Zwänge zu Investitionen. Dazu hat die Landespolitik eine Gesetzgebung in Gang gesetzt, das COVID-19-Isolierungsgesetz und eine Reihe anderer Vorschriften, die die Kommunen vor dem Schlimmsten bewahren sollen.
Durch das Isolierungsgesetz besteht die Möglichkeit, die Mindererträge und die Mehraufwendungen, die durch COVID veranlasst werden, in einer Sonderrechnung darzustellen und die Differenz als außerordentlichen Ertrag in die Ergebnisrechnung einzubuchen und damit zum Ausgleich des Ergebnishaushaltes beizutragen. In unserem aktuellen Haushalt sind das 354.000 €. Für die Folgejahre dann in 2022: 769.00 €, 2023: 722.000 € und 2024: 191.000 €, also insgesamt etwas mehr als 2 Mio. €. Nach 2024 besteht dann die Möglichkeit, diese Summe in 50 Jahren abzuschreiben, d.h. den Ergebnishaushalt, der schon jetzt ständig defizitär ist, zusätzlich zu belasten.
Schon vorher belasten die Beträge jährlich aber schon den Finanzhaushalt, weil der Luftbuchung im Ergebnishaushalt keine Einnahmen im Finanzhaus-halt entgegenstehen. Das belastet unsere Liquidität. Daher ist es logisch, wie die Haushaltssatzung es auch vorsieht, die Höchstbeträge zur Liquiditätssicherung auf 5 Mio. € anzuheben. Es gibt eben nichts geschenkt.
Das gilt auch für die in diesem Jahr vom Land auszuzahlenden Schlüsselzuweisungen. Diese werden für alle Kommunen in NRW um 928 Mio. € aus Landesmittel aufgestockt. Das hört sich zunächst gut an, wenn der Aufstockungsbetrag nicht als zinsloses Darlehn gegeben würde. Das bedeutet, dass sich Selfkant und die Aufstockungssumme beim Land zusätzlich zu den Kreditmarktmitteln verschuldet.
Welche Auswirkungen COVID 19 auf das abgelaufene Jahr 2020 gehabt hat, werden wir se-hen, wenn die Jahresrechnung vorliegt. Für den Umgang mit den zusätzlichen Defiziten gibt es noch keine finanzielle Regelung. Aber es ist wohl zu erwarten, dass die Defizite in den Isolierungstopf fließen werden oder direkt in die Haushaltsrechnung eingehen, was dann fatale Folgen für die Haushaltswirtschaft in Selfkant haben wird.
Und der Bund versucht neue schuldenfinanzierte Zahlungsströme in Gang zu setzen, um die Not der Menschen und der Unternehmen abzufedern. Auch wenn die Hilfe in vielen Fällen noch nicht oder gar nicht angekommen ist, hat das natürlich Auswirkungen auf die Steuererträge, die wir erwarten können. Das Ergebnis wird sein, dass Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren, viele Kleinunternehmer in die Insolvenz schlittern werden und größere Unternehmen, wenn sie denn überleben, massive Ertragsprobleme haben werden, was sich dann lei-der in der Gewerbesteuer negativ auswirkt.
Zusammengefasst bedeutet das, dass wir die Auswirkungen der Pandemie auf kommunaler Ebene selbst finanzieren müssen. Umso aufmerksamer müssen wir die Positionen im Haushalt prüfen und uns auf knappe Jahre einstellen, die deutlich schwieriger werden, als uns das aus der Vergangenheit bekannt ist.
Jede Krise bietet aber auch die Möglichkeit Defizite in der Struktur und den Abläufen zu beseitigen. Das ist jetzt ganz deutlich geworden. Aus diesen Defiziten müssen wir für die Zukunft lernen, damit wir die Mängel, die es gegeben hat, in einer neuen Pandemie nicht noch einmal erleben müssen. Die Defizite bei der Digitalisierung, die sich jetzt beim Homeschooling und beim Homeworking gezeigt haben, müssen untersucht werden und bei den zukünftigen Investitionsplänen eine größere Rolle spielen.
Aber kommen wir zurück zu dem Haushalt, wie er vor uns liegt. Wie in den vergangenen und auch den künftigen Jahren schließt der Ergebnishaushalt mit über einer Million € Defizit ab. Ergänzt man die kommenden Haushalte mit den vorher erwähnten Pandemiefolgen, dann wird der Abbau der allgemeinen Rücklage beschleunigt vor sich gehen und irgendwann ist Schluss mit der kommunalen Selbstverwaltung. Wenn wir das nicht wollen müssen wir alle Aufwendungen im Ergebnishaushalt noch einmal überprüfen und für den nächsten Haushalt ein striktes Sparkonzept bei den konsumtiven Aufwendungen erarbeiten. Die Verwaltung sollte uns bis zum Sommer, wenn die Pandemieauswirkungen deutlicher sind und auch die Jahresrechnung 2020 vorliegt, ein solches Konzept vorlegen.
Das umfasst dann auch die Folgekostenrechnungen aller investiven Maßnahmen. Das haben wir seit Jahren immer wieder angemahnt. Wir müssen unter den neuen Bedingungen für die kommunale Haushaltslage den Satz der Verwaltung aus dem Vorbericht sehr ernst nehmen.
Dort steht: „Nach wie vor wird darauf hingewiesen, dass sich die Gemeindevertretung als entscheidendes Gremium die Frage zu stellen hat: Ist diese Investition zwingend notwendig? Handelt es sich um eine gesetzliche Pflichtaufgabe?“ Ich möchte die Verwaltung ernsthaft darum bitten, hier nicht die Gemeindevertretung in die Pflicht zu nehmen, sondern als Verwaltung einen Entwurf vorzulegen, der nur zwingend notwendige Investitionen vorsieht oder Aufwendungen für freiwillige Aufgaben. Wir akzeptieren nicht die übliche fahrlässige Schuldverschiebung auf Land und Bund, wie glauben daran, dass genügend Einsparpotentiale in Selfkant vorhanden sind – unabhängig von der augenblicklichen Pandemielage.
Wir werden diesem Haushalt trotz großer Bedenken zustimmen. Der Haushalt ist wegen der Auswirkung der Pandemie volatil und deswegen lohnt es sich nicht, um Einzelaspekte zu streiten.